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Adriano Celentano hat sie bereits 1982 erprobt: die Primatenerotik. Als "Bingo Bongo" versetzte er Wissenschafterin Laura in Entzücken und konnte dabei auf das evolutionsgeschichtliche Odeur männlich-herber Anziehungskraft setzen. Von der derben Komik des italienischen Sängers und Schauspielers ist die renommierte deutsche Autorin Charlotte Kerner weit entfernt. Und doch setzt sie auf den gleichen Effekt, wenn sie ihrem vor dem Hintergrund der Reproduktionstechniken angesiedelten Roman die Liebesgeschichte zwischen der jungen Paläontologin Tanja Jane Clark und dem von ihr sprachwissenschaftlich erforschten Jamie einschreibt. Jamie ist ein "Grenzwesen, zwischen Gestern und Morgen": Den EVA-Projekten (zum Beispiel jenem des Leipziger Max-Planck-Instituts) fügt Charlotte Kerner hier das fiktive Projekt ADAM hinzu. Im Rahmen der "Anthropological Demonstration of Ancestors and Mankind" wird die Paläogenetik in eine utopierte (oder je nach Blickpunkt dystopische) Zukunft geführt, indem Jane im ausgehenden 21. Jahrhundert in eine von ihrem Vater betreute Forschungsstation in Laos reist. Erforscht wird hier ein auf der Basis von entschlüsseltem Erbgut-Material reproduzierter Homo erectus. Rasch erkennt Jane, dass das vormenschliche Wesen intelligent genug ist, den Menschen zu täuschen und sich zu verselbständigen. Dabei jedoch geht es nicht um die Übernahme der Herrschaft auf einem neuen Planet der Affen, sondern um die Gründung eines neuen Geschlechts: Menschheit reloaded, Adam und Eva letztgültig "erlöst" vom Schöpfungsmythos und der "Kraft und Herrlichkeit der Evolution in Ewigkeit" verpflichtet. Ethischen Fragestellungen folgt Charlotte Kerner nur am Rande; dafür bezieht sie weit deutlicher als in ihren bisherigen Romanen naturwissenschaftliches Material mit ein und bietet eine Fülle an anthropologischer Information. Die Schlüssigkeit der Narration wird diesem Informationsgehalt untergeordnet: Sowohl die zeitliche als auch topografische Verortung werden einem erzählerisch nur mangelhaften Science Fiction-Konzept verpflichtet; und sowohl Janes Identitätsfindungsprozess, als auch ihre familiären Beziehungen und die fast ansatzlos entstehende sexuelle Beziehung zu Jamie werden im Sinne des Zukunftsszenarios funktionalisiert. Doch warum nicht auch einmal eine spannend zu lesende Einführung in die Paläoanthropologie mit ein bisschen Bingo Bongo aufpeppen?

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